Beleidigungen tun weh – egal wo
So geht’s: Die Gießener Schülerin Jeannine Heinzelmann zeigt Justizministerin Eva Kühne-Hörmann, wie man Videos online stellt. Foto: Meina
Gewinnerbeitrag der WSO: https://www.facebook.com/HessenlebtRespekt/videos/vb.1111810348898122/1524936300918856/?type=2&theater
Gießener Anzeiger, 17.11.2017, Seite 18
INITIATIVE Jugendliche beteiligen sich an Projekt „Respekt digital“ der Landesregierung / Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten vertreten
GIESSEN (jem). Auch schon vor Facebook, Whatsapp und Co. gab es Mobbing auf den Schulhöfen. Doch durch die Sozialen Medien gehen Beschimpfungen nicht nur schneller umher, sondern ziehen auch weitere Kreise: Nacktbilder, Beleidigungen, Hetze – und jeder kann sie sehen. Hinzu kommt die Anonymität, die bei vielen die Hemmungen vergessen lassen. Damit Schüler lernen, dass das freundliche Miteinander in der „digitalen Welt“ ebenso gilt wie im realen Leben, haben fünf Schulen im ganzen Bundesland an der Initiative „Respekt digital“ teilgenommen. Ihre Medienprodukte, die sie in mehrtägigen Workshops erstellt haben und die sich mit den Auswirkungen von Hetze und Hass im Internet beschäftigen, wurden nun in der Alten Universitätsbibliothek in Gießen vorgestellt.
„Es ist besorgniserregend, dass bereits mehr als ein Drittel der Jugendlichen selbst oder im Freundeskreis Erfahrungen mit persönlichen Beleidigungen bis hin zu Cybermobbing gemacht hat“, verdeutlichte Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann ihr Anliegen. Umso wichtiger sei für sie, dass die Jugendlichen sich ihre Gedanken dazu machen. Peter Lemp vom „Mauszentrum für Medienbildung“ in Gießen betont dabei, dass dies nur praktisch möglich sei. „Medienkompetenz erlernt man nicht durch die Theorie, sondern beim aktiven Erstellen.“ Ob selbst komponierte Lieder über die Auswirkungen von Hassnachrichten, kleinere Hörbuchgeschichten über Gerüchte, die sich im Internet schnell verbreiten, Dokumentationen über die Generation der „Digital Natives“ oder Trickfilme, die zeigen, dass Mobbing oftmals auch Gegenhass erzeugt – die 36 etwa ein-minütigen Beiträge aus den Klassen in Gießen, Büdingen, Darmstadt, Fulda und Kassel zeigen, wie vielfältig das Thema ist. „Wir haben Diskussionen darüber geführt, was Respekt bedeutet und wie wichtig es ist. Aber auch über ‚Fake News‘, über die ich mir vorher nie Gedanken gemacht habe, habe ich viel gelernt“, erklärt Jeannine Heinzelmann von der Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten. Die Schülerin empfindet keinen Unterschied zwischen einer Beleidigung im realen Leben oder der im Netz. „Ob bei Whatsapp oder direkt ins Gesicht – beides tut weh.“
Dass der Ton im Internet in vergangenen Jahren rauer geworden ist, hat auch Sebastian Gehrlein wahrgenommen, der bei den Sendern HR 3 und You FM für Planung und Crossmedia verantwortlich ist. „Ich vergleiche es gerne mit einer vollen U-Bahn, in der einer pöbelt und alle anderen schweigen.“ Entscheidend sei, selbst den Mund aufzumachen und zu zeigen, dass Hetzer nicht die Mehrheit repräsentieren. Die Jugendlichen ermutigte er, das Schweigen zu brechen.
„Wir müssen und können den Jugendlichen gar nicht zeigen, wie man mit dem Netz umgeht – da kennen sie sich viel besser aus als wir. Wir bringen aber das Wissen über die Ethik mit“, fasst Joachim Becker, Direktor der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und Neue Medien zusammen. Und auch Peter Lemp greift auf, dass Erwachsene und Schüler „gemeinsam auf Augenhöhe lernen“.
Besonders gut abgeschnitten haben die Gruppen, die sich dem Thema mit einer Prise Humor gewidmet haben. „Wir wollen nicht immer mit erhobenem Zeigefinger vorgehen“, betont Kühne-Hörmann. Wer sich die vier Gewinnerbeiträge anschauen will, kann dies auf der Homepage oder der Facebookseite von „Hessen lebt Respekt“ anschauen.
Gewinnerbeitrag der WSO: https://www.facebook.com/HessenlebtRespekt/videos/vb.1111810348898122/1524936300918856/?type=2&theater