Eine Schule flaggt um

Gießener Allgemeine Zeitung vom 22.07.2016, Seite 19

Am Donnerstag hat das Stadtparlament grünes Licht gegeben, in sechs Wochen soll die Sache über die Bühne sein. Nach den Ferien wird aus der Friedrich-Feld-Schule die Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten. Welcher Aufwand damit verbunden ist, hat uns Schulleiterin Annette Greilich erklärt.

Von Burkhard Möller

Die Telefone klingeln, die Mitarbeiterinnen sausen über den Flur, ein Schüler holt sich noch eine Bescheinigung ab. Im Sekretariat der Friedrich-Feld-Schule ist auch am dritten Tag der Sommerferien noch viel los. »Jetzt haben wir Zeit, Dinge aufzuarbeiten, die liegen geblieben sind«, sagt Schulleiterin Annette Greilich. In diesem Sommer ist eine besondere Aufgabe hinzugekommen: Nach fast 50 Jahren legt sich die Schule einen neuen Namen zu. Ein Projekt, das die FFS-Chefin nicht auf die lange Bank schieben will. »Es macht keinen Sinn, eine Hängepartie daraus zu machen: neues Schuljahr, neuer Name.« Eine Schülergruppe fand im vorvergangenen Schuljahr in einem Unterrichtprojekt heraus, dass der Wirtschaftspädagoge Friedrich Feld während der Nazi-Zeit eine »deutliche Nähe zum nationalsozialistischen Gedankengut« erkennen ließ. Ein Gutachten des Stadtarchivs bestätigte den Verdacht. Am Ende stand das Urteil »lupenreiner Nazi«. Die Gremien der Berufsschule beantragten bei der Stadt daraufhin eine Namensänderung. Der Name Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten wurde gefunden. »Er ist vielleicht etwas langweilig, aber er gibt wieder, was wir machen und wo wir sind«, sagt Greilich. In diesen Tagen wird die Schulleiterin neue Stempel bestellen. Die Zeiten, in denen »tausende Briefbögen« im Fall einer Namensänderung zu Schmierpapier wurden, sind allerdings vorbei. Gleichwohl ist die Umstellung der EDV aufwendig. Neue E-Mail-Adressen mit dem Kürzel WSO gibt es schon, auch die Homepage wird bereits umgebaut, ein neues Logo wurde bei einer Agentur in Auftrag gegeben. In ihm soll die Weltkugel wieder auftauchen. »Die bleibt, wir haben Schüler aus 26 Nationen«, betont Greilich. Die Schulleiterin muss auch zum Fotoapparat greifen und alle Schilder der beiden Schulstandorte an der Nordanlage und in der Neustadt fotografieren, die ebenso wie ein Kunstwerk von der Fassade verschwinden werden. »Darum hat mich das Schulverwaltungsamt gebeten.« Mit dem hat sich Greilich hinsichtlich der Kosten auf einen »fairen« Kompromiss geeinigt. Das Schulbudget soll »nicht in die Miesen« geraten.

In der Breite der Schülerschaft ist die Namensfrage kein Thema. »Die SV hat sich stark engagiert, aber den meisten ist es herzlich egal.« Einige Schüler hätten es gerne internationaler gehabt. Ein Namensvorschlag lautete »Gießen Business School«. Auf Interesse stieß die Diskussion um den bisherigen Namensgeber aber bei Absolventen, die vor vielen Jahren Abi gemacht hatten. Greilich: »Einige haben angerufen und gefragt, ob sie ein neues Zeugnis bekommen können. Sie wollten keinen Nazi darauf haben.« Mit dem WSO hat sich die Schule nur teilweise von einer Namensgebung nach einer Persönlichkeit verabschiedet, denn der Oswaldsgarten bezieht sich auf den einstigen Eigentümer der dortigen Flächen, der im 19. Jahrhundert lebte. Greilich hat diesen Namen sicherheitshalber recherchiert und sagt mit voller Überzeugung: »Der Oswaldsgarten ist sauber.« (Foto: Schepp)

AfD nicht gegen neuen Namen

Auch die AfD hat die Umbenennung der Friedrich-Feld-Schule mitgetragen. Während sie im Schulausschuss aus Traditionsgründen gegen die Umbenennung stimmte, enthielt sich die Fraktion am Donnerstag bei der Abstimmung im Parlament. AfD Mann Thomas Biemer stimmte sogar für die Umbenennung. Auch in der Schulgemeinde gab es Stimmen, den bisherigen Namen beizubehalten. FFS heißt die Schule seit den 60ern.Vorher hieß sie Wirtschaftsoberschule. Umbenannt wurde sie in den Jahren 1966 bis 1968 wegen Felds Verdiensten als Wirtschaftspädagoge vor 1933. (mö)