Von „alternativen Fakten“ und „Fake News“
Mignon. Foto: Ewert
Gießener Anzeiger vom 16.02.2017, Seite 9
INTERNET Onlineexperte Frank Mignon ruft WSO-Schüler dazu auf, kritisch zu bleiben / „Gibt nichts, was es nicht gibt“
GIESSEN (wf). „Lügenpresse“, „alternative Fakten“, „Fake News“ – wer im Netz unterwegs ist, kennt diese Begriffe. Und kann hoffentlich in der rechten Weise damit umgehen und die Dinge möglichst richtig einschätzen. „Denn es gibt nichts, was es nicht gibt. Und wer glaubt, dass vorwiegend Islamisten und Kostümnazis in Parallelwelten leben, der missachtet die große Wirkung von Verschwörungstheorien und pseudowissenschaftlichem Unsinn bis tief in die sogenannte bürgerliche Mitte“, sagte Frank Mignon. Der Musiker, Kolumnist und „überzeugte Skeptiker“ sprach auf Einladung des Fördervereins der Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten (WSO) vor den Oberstufenschülern des Beruflichen Gymnasiums über „Parallelwelten im Internet“. Für den Referenten war es ein Wiedersehen mit der alten Wirkungsstätte, denn er ist ehemaliger Schüler der Friedrich-Feld-Schule in Gießen, die sich mittlerweile in eben jene WSO umbenannt hat.
Es werde, so Mignon, in beunruhigender Weise zunehmend schwieriger, in Diskussionen, aber auch im persönlichen Disput mit dem Netz Fakten und „Fake News“ auseinanderzuhalten. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dieser Materie und zeigte an zahlreichen aktuellen und auch weniger frischen Beispielen Zusammenhänge auf, wie und in welche Richtungen Verschwörungstheorien wirken – und wirken sollen. Deshalb sein Rat an die Schüler: „Ohne äußerste Sensibilität im Umgang mit diesen Parallelwelten geht es nicht.“
Denn nur mit faktenbasierter Sensibilität sowie wachen und geschärften Sinnen sei es möglich, zu erkennen, was falsch und was richtig ist. Denn das Internet sei nun einmal da und werde zunehmend intensiver genutzt. Insofern lasse sich die Zeit natürlich nicht mehr zurückdrehen.
Häufig rassistisch
Dabei ist laut Mignon niemals das Medium an sich das Problem, sondern – wie bei vielen anderen technischen Dingen ebenfalls – der Umgang damit. „Bullshit“ war der Stempel, den der Referent allen von ihm beispielhaft beleuchteten Fällen aufdrückte. Anders als mit „Bullshit“ dürften laut Mignon die Verschwörungstheorien, die durchs Netz geistern, auch nicht bezeichnet werden. Aber sie müssten eben auch als solche erkannt werden, wobei wieder die Kriterien Wissen, Wahrheit, Wachsamkeit, Kritikfähigkeit und Sensibilität ins Spiel kommen.
Beispiele aus der Politik, „9/11“, Israel, Putin, Reichsbürger, Rassismus, Esoterik, Medizin und vielem anderen mehr reihte Mignon in Wort, Bild und Ton aneinander. Legte ihren oft esoterischen, rassistischen und allzu oft antisemtischen Charakter offen und stempelte sie als „Bullshit“ ab. Und wies darauf hin, dass derartige Seiten oft millionenfach aufgerufen werden, „leider“. Daher forderte Mignon gerade die junge, das Internet immer intensiver nutzende Generation dazu auf, nicht alles zu glauben, aber alles zu hinterfragen, wachsam und kritisch zu bleiben.