Gießener Anzeiger vom 06.07.2021, Seite 19
„Herausforderung“ neu definiert
Gemeinsamer Festakt zur Verabschiedung der Abiturienten von Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten und Theodor-Litt-Schule
Von Diana Moor
GIESSEN . Inzwischen hat er schon Tradition, der gemeinsame Festakt zur Verabschiedung der Abiturienten der Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten (WSO) sowie der Theodor-Litt-Schule, stellt Jan Binkhoff, stellvertretender Schulleiter der WSO fest, und muss auch neidlos anerkennen, dass der Schulhof an der Ringallee bessere Rahmenbedingungen bietet als sein eigenes Schulgelände in der Innenstadt. Immerhin kommen 57 Jugendliche plus Begleitpersonen zusammen, um Pandemie-konform den Abschluss ihrer Schulzeit zu begehen.
Dass eine solche Veranstaltung trotz aller Widrigkeiten stattfinden konnte, sei das Verdienst des gemeinsamen Abikomitees, loben Andreas Brüll (TLS) und Holger Volkwein (WSO), beide Abteilungsleiter der Beruflichen Gymnasien an ihren Schulen, die Organisation, die nach zahlreichen Verzichten im letzten gemeinsamen Schuljahr ermöglichte, wenigstens die Übergabe der Zeugnisse gemeinsam zu feiern. Musikalisch von der Schulband begleitet, die ihrerseits auch von Brüll an Gitarre und Bass unterstützt wurde, blickten Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler auf die letzten zwei (WSO) beziehungsweise drei Jahre zurück, die nicht nur Corona-bedingt turbulent waren. Trotzdem habe die Pandemie den Begriff „Herausforderung“ neu definiert, stellt Binkhoff fest.
Der diesjährige Abiturjahrgang hätte zum Beginn der Jahrgangsstufe 11 einen äußerst positiven Eindruck gemacht, blickt Richard Spanke zurück, jedoch hätten die Lehrer bald eine „Abwärtsspirale“ unterbinden müssen, da vielen Schülerinnen und Schülern die nahegelegene „Strandbar“ oftmals attraktiver erschien als der Englisch-Unterricht, scherzt der stellvertretende Schulleiter der TLS. Von den anfangs 51 angehenden Abiturienten hätte es aber die Mehrheit bis zum Abschluss geschafft, und ohnehin seien Lernwege selten gerade.
Abitur und Lernen seien immer anstrengend – jedoch habe der Erfolg in diesem Jahr „wesentlich mehr Mütter und Väter als üblich“, stellt Holger Volkwein in seiner Rede fest, sei nicht nur der Rückhalt durch Familien, sondern auch durch Freunde und den Klassenverband groß gewesen. Viele Aktionen hätten aufgrund der Pandemie nicht stattfinden können, auf Abschlussfahrten habe man verzichten müssen, resümiert Andreas Brüll dennoch, dass man das Beste daraus gemacht habe, „gefühlt tausend Bürstenroboter gebaut“, und einige Schülerinnen und Schüler sich besonders stark für die Schule engagiert und zu deren positiver Entwicklung beigetragen hätten. „Ihr müsst die Welt nicht hinnehmen, wie sie ist“, zitiert Brüll eine Rede Barack Obamas vor US-amerikanischen Uniabsolventen, und fordert die Anwesenden dazu auf, ihr Umfeld aktiv mitzugestalten und positive Veränderungen herbeizuführen. Die beiden Abteilungsleiter hoffen, dass die Absolventen eine gute Schulzeit durchlebt haben, sie seien jederzeit zu einem Besuch in ihren Schulen willkommen: „Bei mir gibt’s zum Kaffee immer auch Kekse!“, lockt Andreas Brüll.
Bei den Zeugnisübergaben haben sowohl Sabine Walter, Tutorin für den Schwerpunkt Mechatronik an der TLS, als auch Maren van Kessel für Praktische Informatik, neben den Dokumenten auch kleine Präsente sowie persönliche Worte für ihre Schülerinnen und Schüler übrig. Alexander Falk und Dieter Katz von der WSO hingegen machen es kürzer, sie haben sich vorher schon ausführlicher von ihren Abiturienten verabschiedet – er habe die leistungsstärkste Klasse seit 25 Jahren unterrichtet, unkt Katz, dass dies nur zum Teil am „Corona-Bonus“ gelegen habe. Dies spiegele sich auch in den Noten wider, haben von 32 Abiturienten an der WSO insgesamt zehn in ihrer Abschlussnote eine 1 vor dem Komma gehabt, für besonders herausragende Leistungen werden Tom Derwort und Lea Hortig geehrt. Von der TLS werden Niklas Jung und Leon Lux für ihren Abschluss ausgezeichnet, zusätzlich noch Mauricia Port als Jahrgangsbeste, die das zweite 1,0-Abitur überhaupt in der Schulgeschichte hingelegt hat.
In ihren eigenen Abschlussreden halten eine Vertreterin und ein Vertreter der Abschlussklassen von TLS und WSO ihre Erfahrungen der pandemiegeprägten Schulzeit in einem Gedicht fest und erinnern die Mitschüler daran, wie wichtig Bildung sei, und man nie aufhören solle, zu lernen.