Die Hinweistafel mit dem Namen Friedrich-Feld-Schule der dürfte der Vergangenheit angehören. Foto: Friese

Gießener Anzeiger vom 18.11.2015, Seite 13

GIESSEN (tt). Das Urteil des Gießener Stadtarchivars Dr. Ludwig Brake über den Namensgeber der Friedrich-Feld-Schule (FFS) hat keine Zweifel offen gelassen: Bei Friedrich Feld handele es sich um einen „lupenreinen Nazi“ (der Anzeiger berichtete). Im Auftrag von Stadt und Schule hatte Brake die Rolle Felds zur Zeit des Nationalsozialismus beleuchtet. Nun hat sich die Gesamtkonferenz der Berufsschule mit der Vergangenheit ihres Namensgebers beschäftigt und nach Angaben von Schulleiterin Annette Greilich folgende Beschlüsse gefasst:

. Die Gesamtkonferenz distanziert sich von den nationalsozialistischen Positionen des Namensgebers Friedrich Feld und seinem Namen als Schulnamen.

. Die Schule begibt sich in den Prozess der Findung eines neuen Schulnamens. Alle Mitglieder der Schulgemeinde können sich an diesem Prozess beteiligen. Für diesen Prozess setzt die Gesamtkonferenz einen Ausschuss ein, der seine Arbeit zeitnah aufnimmt.

Die Schulgemeinde, also Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern, Betriebe und der Förderverein, würden gemeinsam in eine Namensfindung eintreten, die der Schule einen Namen gebe, der das Profil der Schule dokumentiere und sich an ihrem Leitbild orientiere, wie es weiter in der Erklärung heißt. Gießens Schuldezernentin Astrid Eibelshäuser (SPD) sagte, jetzt sei es zunächst einmal Aufgabe der Schule, sich Gedanken über einen neuen Namen zu machen.

Gießener Allgemeine Zeitung vom 18.11.2015, Seite 24

Friedrich-Feld-Schule bekommt neuen Namen

G i e ß e n (ta). Die Friedrich-Feld-Schule will nicht länger mit einem überzeugten Nationalsozialisten in Verbindung gebracht werden und wird sich deshalb umbenennen.
Das hat die Gesamtkonferenz der kaufmännischen Berufsschule am gestrigen Nachmittag auf Antrag der Schulleitung einstimmig beschlossen. Anlass für diesen Schritt sind neuere Erkenntnisse, denen zufolge der anerkannte Wirtschaftspädagoge, der in Gießen als Diplom-Handelslehrer die Vorläuferschule gegründet hatte, als »lupenreiner Nazi« gelten muss. Die GAZ berichtete gestern darüber.

In der Reaktion heißt es: »Die Gesamtkonferenz der FFS distanziert sich von den nationalsozialistischen Positionen des NamensgebersFriedrich Feld und seinem Namen als Schulnamen.« Zugleich wurde eine Kommission eingesetzt, die umgehend mit der gesamten Schulgemeinde in die Suche nach einem neuen Namen eintritt. Dieser soll das Profil der Schule dokumentieren und sich an ihrem Leitbild orientieren.

Gießener Allgemeine Zeitung vom 18.11.2015, Seite 24

Ein Nazi als Namensgeber
Friedrich-Feld-Schule erwägt deshalb Umbenennung – Kollegium ist uneins

G i e ß e n (ta). Wird sich die frühere Wirtschaftsoberschule und Handelslehranstalt, die 1968 in Friedrich-Feld-Schule umbenannt worden war, einen neuen Namensgeber suchen? Darüber will nach Auskunft von Schulleiterin Annette Greilich die Gesamtkonferenz am heutigen Nachmittag beraten.
Grund: Neuerdings weiß man, dass der Gründer der Vorläuferschule als »lupenreiner Nazi« gelten muss. Das bestätigten Nachforschungen von Stadtarchivar Dr. Ludwig Brake auf Wunsch der Schulleitung.
Friedrich Feld (1887–1945) war als Wirtschaftspädagoge und Hochschullehrer in der Fachwelt bekannt geworden. Als Diplom-Handelslehrer hatte er 1922 die private Fachschule des Gießener Kaufmännischen Vereins gegründet, die später zur kaufmännische Fortbildungsschule wurde. 1940 wurde daraus die Wirtschaftsoberschule als Vorläufer des heutigen beruflichen Gymnasiums.
Der Analyse Brakes zufolge gehörte Friedrich Feld zu den Unterzeichnern des »Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hilter und dem nationalsozialistischen Staat«. Seine Berufsschul- und Wirtschaftspädagogik habe er konsequent an die NS-Ideologie angepasst. Bei der Übernahme der nationalsozialistischen Ansätze habe er seine ursprünglich kulturphilosophischen Ansätze aufgegeben, schreibt der Stadtarchivar.
Brake bezieht sich bei seinem Urteil auch auf einen Beitrag von Prof. Volker Bank, der an der Technischen Universität Chemnitz Berufs- und Wirtschaftspädagogik lehrt. Der hatte sich mit dem sächsischen Wirtschaftspädagogik-Pionier Theodor Franke beschäftigt und war dabei auch auf Friedrich Feld gestoßen, der am 3. Februar 1945 bei einem Bombenangriff auf Berlin an seinem Schreibtisch getötet wurde. Es habe sich um eine »sehr zwielichtige Figur« gehandelt, urteilt Bank. Dabei habe er sich um die berufliche Bildung durchaus verdient gemacht: Noch heute sähen Berufs- und Wirtschaftspädagogen in ihm eine Art Ahnherrn.
Ob und wie auf diese neuen Erkenntnisse reagiert wird, entscheidet sich in der Gesamtkonferenz. Ihr liegt ein Antrag des Schulleitungsteams vor, wonach die Schule sich vom Gedankengut ihres Namensgebers distanziert und in einen Findungsprozess für einen neuen Namen eintritt. Das Ergebnis der Abstimmung ist allerdings nicht absehbar. Denn es gibt durchaus Lehrer, die eine Umbenennung und damit den Bruch mit der Tradition nicht für notwendig halten. Die Schule dürfe sich da auch nicht von außen unter Druck setzen lassen, argumentieren sie. Aus ihrer Sicht war Friedrich Feld kein bekannter Repräsentant des Hitler-Regimes, sondern einer von unzähligen Mitläufern in dieser dunklen Ära der deutschen Geschichte.

Gießener Anzeiger vom 14.11.2015, Seite 14

Von Benjamin Lemper

Wer im Internet in den Suchmaschinen Friedrich-Feld-Schule eintippt, stößt lediglich auf eine Einrichtung – nämlich die Gießener. Und auch das dürfte nun bald vorbei sein, denn Stadtarchivar Dr. Ludwig Brake kommt in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, dass der Namensgeber ein „lupenreiner Nazi“ war, der NS-Ideologie eng verbunden – ungeachtet seiner Verdienste auf dem Gebiet der beruflichen Bildung. Nun ist es natürlich immer leicht, in der Rückschau zu urteilen: Wie konnte man damals nur diesen Namen wählen? Waren die Verstrickungen Felds denn damals, in den 60ern, nicht bekannt? Offensichtlich nicht. Oft ist seinerzeit aber auch nicht ganz so genau hingeschaut worden. Merkwürdig ist allenfalls, dass es wohl auch schon in den vergangenen Jahren Hinweise gab, aber bisher nichts geschehen ist. Nun bleibt zur Umbenennung keine Alternative – auch wenn mittlerweile bei vielen Deutschen durchaus eine Mentalität verbreitet scheint, endlich einen Schlussstrich unter die Nazi-Vergangenheit ziehen zu wollen. Solange aber weiterhin Tausende Menschen durch die Straßen ziehen und ihren Fremdenhass absondern, kann gar nicht oft genug daran und die damit einhergehende Verantwortung erinnert werden.

Gießener Anzeiger vom 13.11.2015, Seite 11

Studie: Friedrich Feld war ein lupenreiner Nazi

GIESSEN (tt). Im Sommer wurden die Untersuchungen bekannt. Jetzt hat Gießens Stadtarchivar Dr. Ludwig Brake das Ergebnis vorgestellt, über das Gießens Schuldezernentin Astrid Eibelshäuser gestern auf Anfrage informierte: Die Friedrich-Feld-Schule muss sich einen neuen Namen suchen. „In der neuesten Literatur wird Friedrich Feld als ,lupenreiner Nazi` eingestuft; dem stimme ich zu“, heißt es in der von Brake unterzeichneten Analyse. Demnach gehörte Friedrich Feld zu den Unterzeichnern des „Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat“.

Zudem habe er seine Berufsschul- und Wirtschaftspädagogik durch konsequente Anpassung an die NS-Ideologie aufgewertet und habe ihr dadurch mehr Geltung verschafft. Dabei habe er nach und nach seine ursprünglich kulturphilosophischen Ansätze aufgegeben und habe die nationalsozialistischen Ansätze übernommen. Brake kommt zu dem Ergebnis, Friedrich Feld „näherte sich dadurch nicht nur formal, sondern letztlich auch inhaltlich dem Nationalsozialismus und übernahm dessen wesentlichste Aussagen in die Berufserziehungstheorie. Auf fatale Weise konkretisierte Feld nun seine Konzeption und stellte sie ab auf die politische und wirtschaftliche Praxis des Dritten Reiches“. Brake bezieht sich bei seinem Urteil unter anderem auf einen Beitrag von Prof. Volker Bank, der an der Technischen Universität Chemnitz den Lehrstuhl für Berufs- und Wirtschaftspädagogik innehat. In der gemeinsam mit Annekathrin Lehmann veröffentlichten Abhandlung „Theodor Franke. Sächsischer Pionier wirtschaftspädagogischen Denkens in Deutschland“ stellt Bank fest, „dass Friedrich Feld als lupenreiner Nazi endete“.

„Sehr zwielichtige Figur“

Für das Ende seiner Laufbahn sei diese Aussage in jedem Fall zutreffend, hatte Bank im Juli gegenüber dem Anzeiger bekräftigt. Bei Friedrich Feld, der beim Bombenangriff in Berlin am 3. Februar 1945 an seinem Schreibtisch getötet wurde, habe es sich um eine „sehr zwielichtige Figur“ gehandelt. So sei er der erste Professor gewesen, der es geschafft habe, eine außerordentliche Professur in eine ordentliche umwandeln zu lassen. „Noch heute sehen Berufs- und Wirtschaftspädagogen in ihm eine Art Ahnherrn“, erläuterte Bank. Feld habe wesentliche Grundlagen für das Fach gelegt. Aus Sicht der beruflichen Bildung habe er sich durchaus Verdienste erworben. Und schon damals sei eigentlich klar gewesen, auf welcher Seite Feld politisch gestanden habe. „Nach dem Krieg wollten sich viele nicht mit Friedrich Feld identifizieren“, weiß der Hochschullehrer. Ein gewisses Verständnis zeigte Volker Bank für die Namensgebung der vormaligen Kaufmännischen Fortbildungsschule in Friedrich-Feld-Schule, die 1966 erfolgte. Für Bank ist es „durchaus nachvollziehbar, dass eine Schule damals diesen Namen gewählt hat“.

In seiner Untersuchung hat Stadtarchivar Ludwig Brake ferner zutage gefördert, dass die ehemalige „Wirtschaftsoberschule und Handelslehranstalt“ in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 1. Februar 1968 auf Vorschlag der Gesamtkonferenz der Schule in „Friedrich-Feld-Schule“ umbenannt worden war. Dabei sei bemerkt worden, der Name „Friedrich Feld“ sei der Mehrheit der Stadtverordneten kein Begriff. Es werde deshalb vorgeschlagen, bei künftigen Benennungen eine kurze Biografie dem Antrag beizufügen. Jedoch hätten die der Vorlage damals beigefügten biografischen Daten keinen Hinweis auf eine Problematik des Namensgebers der Berufsschule im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus enthalten.

Schulleiterin Annette Greilich, die sich derzeit mit einer städtischen Delegation in der Gießener Partnerstadt Wenzhou befindet, teilte auf Anfrage zu dem Sachverhalt mit: „Die Schule ist im Prozess.“