Schüler sollen aneinander wachsen
Verabschiedung der multikulturellen Reisegruppe mit Nikolai Esch (l.), Elisabeth Grote (3.v.l.) und Christina Lang (1.Reihe, 4.v.r.).
Foto: Maywald
Gießener Anzeiger vom 18.03.2017, Seite 19
INTEGRATION Multikulturelle Reisegruppe der Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten besucht Berlin / Unterstützung von „Bürgerstiftung Mittelhessen“
GIESSEN. Viel Vorfreude herrschte am Freitagmorgen im Gießener Bahnhof, als eine multikulturelle Reisegruppe zu einem fünftägigen Aufenthalt in Berlin aufbrach. Das Besondere daran ist, dass die Gruppe von 30 Schülern der Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten (WSO) aus einer klassischen Wirtschaftsklasse (KBFS-Klasse) und einer Klasse mit jungen unbegleiteten Flüchtlingen (InteA-Klasse P3a) besteht. Zu den Geflüchteten zählen Schüler aus Eritrea und Syrien, zwei aus Somalia, einer aus Äthiopien und einer aus dem Senegal.
Eine weitere Besonderheit ist die Unterstützung durch den Vorstand der „Bürgerstiftung Mittelhessen“, die diese Fahrt mit 7000 bis 8000 Euro fördert. Bei der Verabschiedung der Reisegruppe auf Bahnsteig 1 sprach Elisabeth Grote, Geschäftsführerin der Bürgerstiftung, der Initiatorin der Erlebnis- und Informationsfahrt in die Bundeshauptstadt, Christina Lang, ein großes Lob für deren unermüdliches Engagement aus. Ihr sei es wichtig gewesen, dass sich die beiden Klassen noch besser kennenlernen und den jungen Flüchtlingen, die schon recht gut Deutsch sprechen, einen Besuch in Berlin zu ermöglichen.
Im Gespräch mit dem Anzeiger betonte Grote, dass WSO-Lehrerin Christina Lang zusammen mit einigen Schülern einer Berufsfachschulklasse, das Projekt „DaZuLERNEN“ (Deutsch als Zweitsprache und interkulturelles LERNEN) ins Leben gerufen hat.
„Ein wesentliches Projektziel ist es, jungen Geflüchteten die deutsche Sprache so schnell wie möglich beizubringen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich in Deutschland einzugliedern und Freunde zu finden“, sagte Lang, Lehrerin für Deutsch, Deutsch als Zweitsprache (DaZ) und Englisch. Die Schüler der Berufsfachschulklasse entwickeln unterschiedlichste Lernmaterialien, Aufgaben und ganz eigene Lehrmethoden, um die jungen Geflüchteten beim Deutschlernen zu unterstützen. Die Geflüchteten bekommen die Gelegenheit, mit Gleichaltrigen über altersspezifische Themen, ihre Sorgen oder ihre Kulturen zu sprechen. Beide Schülergruppen profitieren in vielerlei Hinsicht außerordentlich von ihrer Zusammenarbeit und wachsen aneinander. Bis heute findet das Projekt einmal wöchentlich während einer Doppelstunde statt.
Das Projekt „DaZuLERNEN“ besteht seit fünf Jahren und hat großen Anklang gefunden. Im Jahr 2013 gewannen die beiden damaligen Projektklassen den Sonderpreis beim hessischen Schülerwettbewerb „Zuwanderung und Integration – Vielfalt in Hessen“. Ein besonderer Höhepunkt war der Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck im Projektunterricht im Juni 2015. Im selben Jahr wurde das Konzept mit dem Hans-Eberhard-Piepho-Preis prämiert und belegte in der Kategorie „Schulpraktische Arbeiten“ den ersten Platz. Im vergangenen Jahr würdigte der Stifterverband das Projekt mit einem Preis im Rahmen des Deutschen Lehrerforums. „DaZuLERNEN“ wurde gefördert vom „Zonta Club Burg Staufenberg-Gießen“ und vom „Lions Club Gießen“.
Auf die Fahrt vom 17. bis 21. März haben sich die Jugendlichen beider Klassen intensiv vorbereitet. In Berlin stehen der Reichstag, das Museum „The Story of Berlin“ und Checkpoint Charlie sowie die Besichtigung der Gedenkstätte Berliner Mauer und des Holocaust-Mahnmals auf dem Programm. Besucht wird auch das Museum Science Center Spectre.
Neben der Projektverantwortlichen Christina Lang wird die Schülergruppe begleitet von Nikolai Esch, Lehrkraft an der WSO für die Fächer Wirtschaftslehre und Politikwissenschaft. Weitere ehrenamtliche Begleitpersonen sind Berina Akin und Zulejha Cerimi. Beide sind für ihre Mitarbeit bei dem Projekt „DaZuLERNEN“ im vergangenen beziehungsweise in diesem Jahr mit einem EhrenamtPreis der „Bürgerstiftung Mittelhessen“ ausgezeichnet worden.