Die beiden Besten der beiden Abiturklassen der Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten (WSO): Lilly Zoe Richmann (Note 1,5) und Danial Masoum Pouri (2,2) beim gemeinsamen Festakt der beiden beruflichen Gymnasien WSO und Theodor-Litt-Schule, der im Saal der alten Turnhalle in Heuchelheim gefeiert wurde.

Mit der Traumnote 1,0 schlossen an der Theodor-Litt-Schule das Abitur ab: Sina Wasserheß, Laurenz Sommerlad, Mikhail Vereshchagin und Paulina Kistler (von links). Fotos: Schäfer

Gießener Anzeiger vom 11.07.2022, Seite 14

Viermal Notendurchschnitt von 1,0

von Rüdiger Schäfer

Zwar versammelten sich die Abiturienten der Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten (WSO) und der Theodor-Litt-Schule (TLS) bei ihrer Abiturfeier erneut im Freien. Doch nicht wie im vergangenen Jahr auf dem Schulhof der TLS an der Ringallee. Diesmal waren sie alle vor dem Restaurant Rustico zusammengekommen, der alten Turnhalle der TSF Heuchelheim in der Wilhelmstraße. Festlich gekleidet sollten Klassenfotos im Aufgangsportalbereich als Erinnerung in späteren Jahren geschossen werden. Anschließend ging es in den Saal, wo bereits eine Schulband aufspielte. Dass es ein gemeinsamer Festakt zur Verabschiedung der Abiturienten der beiden beruflichen Gymnasien WSO und TLS war, hat bereits Tradition. Luke Grasser und Tim Riplinger moderierten den Abend.

Miteinander hat sich verändert

»Nicht allen ist es gelungen, das Abitur erfolgreich zu bestehen«, verkündete Abteilungsleiterin Doris Schlosser. Wenn man ein großes Ziel vor Augen habe, müsse man sich auch entsprechend anstrengen. »Konzentriert Euch auf das Wesentliche! Wenn Ihr zu weit nach vorne schaut, seht Ihr nicht, was direkt vor Eurer Nase liegt.« Wenn man gestolpert sei, müsse man daraus lernen.

In den drei Oberstufenjahren habe sich das soziale Miteinander stark verändert, berichtete sie. Während der Pandemie die Kontakte herunterzufahren, doch dabei soziale Kälte zu vermeiden, sei ein schwierig zu meisternder Spagat gewesen. In dieser Zeit habe es eine Digitalisierungswelle bei Schülern wie Lehrkräften gegeben. Doch habe sich bei all dem Digitalunterricht gezeigt, dass die schönsten Unterrichtsstunden immer noch im Klassenraum stattfinden. Schlosser streifte die Nutzung der sozialen Medien, durch die über Corona oder die Ukraine die »verschiedensten Meinungen« im Netz grassierten. Sie forderte dazu auf, stets misstrauisch zu sein und sich am Ende eine eigene Meinung zu bilden. In einer globalen Welt lebten wir alle. »Diese Welt lädt Euch ein, sie kennenzulernen. Geht es an!« Nicht nur auf ausgetretenen Pfaden solle man durchs Leben gehen.

Auch seinen Sohn als Abiturienten konnte der an der TLS für das Berufliche Gymnasium zuständige Andreas Brüll begrüßen. »Wenn Sie heute Ihre Abiturzeugnisse in Empfang nehmen, bin ich auch ein wenig stolz auf diesen besonders erfolgreichen Jahrgang der TLS.« Von 39 Abiturienten haben 15 eine 1 vor dem Komma, vier gar eine 1,0. Die Durchschnittsnote von 2,18 sei die bisher beste in den vergangenen Jahren gewesen. Als mögliche Gründe dafür benannte er Corona, Homeschooling, fehlende Partys und damit auch fehlende Ablenkungen. Ebenso wie den vor drei Jahren wieder belebten Schwerpunkt Bautechnik/Architektur. Danach griff Brüll zur Gitarre und sang »Forever Young« von Bob Dylan.

Mit launigen Worten wandte sich Ethiklehrer Ali Aldudak an die Gäste. »Das Abitur ist nicht Euer Ziel, sondern nur ein Zwischenziel«, sollten die Schüler sich merken. Die Schüler hätten große Potenziale und sollten sich nicht vor Veränderungen scheuen. Sokrates habe vor 2400 Jahren festgestellt, dass »die Kinder von heute« Tyrannen seien und ihre Lehrer ärgerten. Dies wollte Aldudak für die heutige Generation so nicht stehen lassen. Schließlich habe sich an der TLS eine Debattier-AG und eine Philosophie-AG etabliert. »Und das an einer technischen Schule.« Der Lehrer ist überzeugt: »Diese Jugend möchte widersprechen. Nicht aus Trotz. Also behalten Sie Ihr Interesse am Lernen und Ihren kritischen Geist und hinterfragen Sie!«