Gießener Anzeiger vom 05.07.2021, Seite 18

Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten beteiligt sich am bundesweiten „Anne Frank Tag“ gegen Rassismus und Antisemitismus / Motto „Blick in die Geschichte“

Von Diana Moor GIESSEN. „Niemand weiß bei ihrer Geburt, dass sie nur 16 Jahre alt werden wird“: Reihum listen die Schülerinnen und Schüler in der Aula der Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten (WSO) die Stationen des kurzen Lebens von Anne Frank auf. Denn die Schule hat erstmals am „Anne Frank Tag“, dem bundesweiten Tag gegen Rassismus und Antisemitismus, teilgenommen, der rund um den Geburtstag des Mädchens am 12. Juni veranstaltet wird und in diesem Jahr unter dem Motto „Blick auf die Geschichte“ stand. Vom Anne Frank Zentrum in Berlin organisiert, wurden Lehrmaterialien zur Verfügung gestellt, anhand derer drei Klassen an der WSO eine Ausstellung erarbeitet haben, die nun eröffnet wurde. „Wir wissen alle, welche Bedeutung Anne Frank hat“, erklärte Schulleiterin Annette Greilich und dankte den Schülerinnen und Schülern für ihren Einsatz im Zuge des Projekts – viele von ihnen würden die Erfahrungen von Flucht und Verlust der Heimat kennen. Aus dem Schicksal der jungen Jüdin müsse man lernen, damit es sich nicht wiederhole, hofft Greilich, dass die teilnehmenden Jugendlichen Mut und Courage aufbringen würden, um laut gegen Rassismus und Antisemitismus einzustehen. Die WSO ist eine von rund 500 Schulen bundesweit, denen das Anne Frank Zentrum in diesem Jahr kostenlose Materialien für die Auseinandersetzung sowohl mit der Person als auch dem historischen Kontext zur Verfügung stellte – anlässlich des Mottos wurden dabei Fotos als historische Quelle besonders berücksichtigt. „Großen Sinn gesehen“ Die Erarbeitung des Projektes war allerdings durch den Wechselunterricht zunächst erschwert, erläutert Lehrerin Sabine Schneider, die die Integrationsklassen an der Wirtschaftsschule betreut, auch habe eine ursprünglich geplante Stadtführung mit der Jüdischen Gemeinde nicht stattfinden können. Da die Schüler Projektarbeit nicht mehr gewohnt waren, sei diese, gerade auch mit zusätzlichen Herausforderungen in Pandemie-Zeiten, besonders anstrengend gewesen. Dennoch kam die Arbeit im Rahmen des „Anne Frank Tages“ gut an: „Die Klassen fanden es ausnahmslos toll und haben großen Sinn darin gesehen, sich mit dieser Geschichte zu beschäftigen.“ Geschichtslehrerin Annette Tegethoff sieht in dem Projekt einen guten Anlass, um sich gegen Rassismus und Antisemitismus zu engagieren – gerade auch, da viele Schülerinnen und Schüler erschreckenderweise kaum mehr wüssten, wer Anne Frank sei, stellt Tegethoff fest, dass die Auseinandersetzung mit dem Holocaust sehr stark von den einzelnen Schulen abhängig sei. Für Sabine Schneiders Klassen war Anne Franks Tagebuch in einfacher Sprache das erste Buch gewesen, das auf Deutsch gelesen wurde, und die Schülerinnen und Schüler hätten die Geschichte der jungen Frau „hoch rührend und spannend“ gefunden. Für die Präsentation haben sich die noch Deutsch lernenden Jugendlichen einzelne Sätze erarbeitet, Gedanken und Statements zu Anne Frank, die sie trotz großer Nervosität vor Publikum vorgetragen hätten, so Schneider. Etwas weiter fortgeschrittene Schüler haben anhand der zur Verfügung gestellten Plakate das Leben Anne Franks sowie ihr Vermächtnis durch das Tagebuch in kurzen Vorträgen vorgestellt. Klassen der Jahrgangsstufe 11 haben zudem anhand der Plakate ein Quiz für spätere Besucher erstellt sowie Orte jüdischen Lebens in Gießen und Umgebung gesucht, besucht und die Ergebnisse auf einer Stellwand präsentiert. „Viel Neues gelernt“ „Ich hoffe, dass der Tag an der Schule etabliert wird, wenn er gut ankommt“, sagte Sabine Schneider. Die Ergebnisse werden jedenfalls ihren Weg in eine dauerhafte Ausstellung im Hauptgebäude der Schule finden. „Wir haben viel Neues gelernt“, stellen zwei Schülerinnen fest. Haifa aus Großbritannien war Anne Frank schon vorher ein Begriff, die aus Syrien stammende Sedra kannte sie vorher nicht – sie beide würden gern wieder ein derartiges Projekt machen. Haifa habe sich vorher nicht vorstellen können, wie positiv Anne Frank gewesen sei, im Zuge der Arbeit zum „Anne Frank Tag“ habe sie viel über den Charakter der wohl berühmtesten Tagebuchautorin der Welt gelernt.

Link Schülervideo zur Vorbereitung der Ausstellung