Bin nichts anderes als ein Fallschirmreporter

Florian Willershausen bei seinem Vortrag in der Friedrich-Feld-Schule. Foto: Czernek

Gießener Anzeiger vom 26.11.2013

GIESSEN – (cz). „Ich bin nichts anderes als ein Fallschirmreporter“, so beschreibt Wirtschaftsreporter Florian Willershausen seine Arbeitsweise. „Ich springe irgendwo ab, schaue mich um, recherchiere und bin schnell wieder weg“, ergänzte er. Willershausen kommt sehr viel herum, er ist mindestens einmal pro Quartal irgendwo in der Welt unterwegs – „für eine gute Story“. Er versucht wirtschaftliche Zusammenhänge „begreifbar zu machen“ – durch Reportagen, in denen er über die Bedingungen der Textilarbeiterinnen in Bangladesch ebenso schreibt wie über einen mutigen Investor in Uganda.

Florian Willershausen gehört zu den gefragtesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands und ist mittlerweile „Chefreporter Ausland“ bei der Wirtschaftswoche. In der vergangenen Woche war er auf Einladung des Fördervereins Gast in seiner ehemaligen Schule, der Friedrich-Feld-Schule, um den Klassen 12 und 13 einen Eindruck über das Berufsbild „Wirtschaftsjournalist“ zu vermitteln.

Seine ersten „journalistischen Sporen“, so Willershausen, verdiente er sich mit 16 Jahren als freier Mitarbeiter beim Gießener Anzeiger. Nach dem Abitur 2001 studierte er Politik. Durch einen Aufenthalt in Kaliningrad sei er auf die Idee gekommen, russisch zu lernen und sei nach dem Studium als freier Korrespondent nach Russland gegangen. Das habe erstaunlich gut funktioniert, resümierte Willershausen. „Ich wollte immer Korrespondent werden, daher wollte ich kein Volontariat an mein Studium anschließen“, sagte er den Zuhörern.

„Ich versuche immer die Auswirkungen und Probleme der Wirtschaft auf der Mikroebene darzustellen“, erläuterte er seinen Arbeitsstil und zeigte dem Publikum einige Bilder seiner Reisen, die ihn nach Bangladesch, Mali, Afghanistan oder nach Uganda führten. Eins werde er jedenfalls nicht mehr tun, betonte er, nämlich „im Journalistenpulk von Politikern“ zu reisen: „Da wurden uns nur ganz tolle Fabriken gezeigt, da wusste ich: Da stimmt etwas nicht“. Heute reist er lieber mit einem kleinen Team zu den Menschen, um sich selbst ein Bild von deren „Arbeits- und Lebensbedingungen“ zu verschaffen.

Im Berliner Büro der „Wirtschaftswoche“ werden diese Eindrücke in den wirtschaftlichen Kontext gestellt und die Reportage geschrieben. Seine Darstellung klang für viele faszinierend. Willershausen betonte aber, dass die Branche vor großen Umbrüchen stehe. Er wisse, nicht wie lange solche Recherchen, wie er sie unternimmt, noch finanzierbar seien. Und freie Journalisten könnten solche Reisen gar nicht unternehmen, da ihnen das Budget fehle.