Mal lachend, mal nachdenklich
Menschen im Mittelpunkt: Fotograf Chris Kettner (hinten, Vierter von links) hat Porträtaufnahmen von Flüchtlingen gemacht. Das Ergebnis ist zurzeit vor der Stadtbibliothek im Rathaus zu sehen. Foto:Pfeiffer
Gießener Anzeiger, 22.06.2016, Seite 14
GIESSEN (ebp). Vieles wird derzeit über die Menschen geschrieben, die auf der Flucht aus ihrem Heimatland nach Deutschland gelangen. Nur selten kommen die Flüchtlinge dabei selbst zu Wort. Die Fotoausstellung „Dem Fremden ein Gesicht geben“ rückt nun die Menschen hinter dem Flüchtlingsbegriff in den Mittelpunkt. Zu sehen ist Ahmad aus Syrien, der von einem Informatikstudium in Deutschland träumt, oder Zeynab aus Afghanistan. Die junge Frau strebt eine Ausbildung als Krankenschwester an. Rund 50 Porträts von Friedrich-Feld-Schülern (FFS) hat Chris Kettner angefertigt, von denen 32 Bilder bis zum 15. Juli vor der Stadtbibliothek ausgestellt werden.
„Die Menschen, die nach Deutschland kommen, suchen Perspektiven. Und wir müssen ihnen Chancen bieten“, sagte Stadträtin Astrid Eibelshäuser anlässlich der Eröffnung. Die Ausstellung passe gut zu „einer der aktuellsten Fragen, die wir derzeit haben“: Wie gelingt ein Zusammenhalt zwischen den Menschen und wie entsteht eine gute Nachbarschaft? Die Integration an den Gießener Schulen funktioniere gut, lobte Eibelshäuser. „Aber es erfordert Zeit, die Sprache zu lernen, die Spielregeln und das Wertesystem der Schule zu verstehen.“
Dr. Ralf Siebert, Lehrer an der Friedrich-Feld-Schule, berichtete von seinen Erfahrungen aus der Arbeit mit geflüchteten Menschen. „Meine Wahrnehmung hat sich geändert, nachdem ich die Menschen kennengelernt und erfahren habe, was sie auf dem Weg hierher erlebt haben.“ Kettner zeigte sich zufrieden mit den Fotos, die an drei Vormittagen in den Schulräumen entstanden sind. „Wir wollten authentische Porträts machen und keine Extremsituationen zeigen. Wir sehen mal lachende, mal nachdenkliche Gesichter mit einer Geschichte dahinter.“
Insbesondere kommt jeder Porträtierte auch selbst zu Wort: Die jungen Menschen berichten von ihren Berufswünschen, ihren Hobbys, dem ersten Eindruck von Deutschland oder von ihrer Vergangenheit.